Autorin: Karin Hobi , Bild: Olivia Aebli-Item, Video und Gestaltung: Suela Tuena
Michelle (39) und Kaj Gnos (40) sitzen in Untervaz in ihrem Garten vor der «Villa Kunterbunt». Rundherum blüht der Garten. Michelle – im Sommerkleid – sitzt am Gartentisch, während Kaj schon seine Gitarre bereithält. Ihre drei Jungs, zwischen fünf und 13 Jahre alt, haben eigene Pläne. Und Familienhund Jessy hat es sich unter dem Tisch im Schatten gemütlich gemacht. «Kaj sagte noch, ich solle etwas verliebt tun», sagt Michelle und lächelt. Doch schnell wird klar: Sie müssen nicht so tun – sie sind es.
Er: Das war vor 17 Jahren – im Zug nach Chur.
Sie: Er stieg in Landquart ein, mit seinem damaligen Hund. Und ich fand: Die beiden gefallen mir. Also habe ich mich einfach zu ihm gesetzt.
Er: Ich kam gerade von der Alp zurück, wo ich den ganzen Sommer allein mit meinem Hund verbracht hatte. Und – (lacht) – aus Spass habe ich Mike Shiva angerufen, den Wahrsager. Der meinte tatsächlich, ich würde nach dem Alpsommer jemanden kennenlernen. Und er hatte recht.
Er: Nein, ehrlich gesagt nicht. Aber wir haben uns sofort sehr gut verstanden.
Sie: Ich hatte mein Didgeridoo dabei und sagte ihm, dass ich gerne singe. Er erzählte mir von seinem ersten Konzert im Kulturlokal «Werkstatt» in Chur.
Er (an Michelle gewandt): Und wir haben doch dieses Video von der Kelly Family geschaut – erinnerst du dich?
Sie: Ja, genau! Die Musik hat uns sofort verbunden.
Er (schmunzlend): Und dann habe ich dich mit zur mir nach Hause genommen.
Sie: Er dachte, ich würde nur eine Nacht bleiben. Aber nein! Ich bin geblieben.
Er: Liebe auf den ersten Blick war es vielleicht nicht. Aber eine Verbundenheit vom ersten Moment an. Ich erinnere mich, wie ich bei einem Spaziergang kurz danach sagte, dass ich mich immer mehr in sie verliebte.
Was ist Ihr Geheimrezept für die grosse Liebe?
Zwei Jahre nach ihrem Kennenlernen heirateten Michelle und Kaj Gnos. Weitere zwei Jahre später wurde ihr erster Sohn geboren – der älteste von dreien.
Er: Das war irgendwie spontan. So sind wir eben – wir tun oft einfach das, was sich im Moment richtig anfühlt. Selten war etwas wirklich durchgeplant, und doch war unser Weg klar: gemeinsam Musik machen, selbstständig sein und ein Leben in Einfachheit und Freiheit führen. Und als ich sag, wie Michelle über 300 Schafe ins Tal trieb, dachte ich: Was für eine Powerfrau! Die muss ich heiraten. Kurz darauf habe ich ihr einen Ring aus Draht gebastelt und sie gefragt.
Er: Das Leben mit Kindern ist natürlich ganz anders. Sie brauchen viel Zeit und Aufmerksamkeit.
Sie: Früher lag der Fokus ganz auf unserer Beziehung, das hat sich stark verändert. Gleichzeitig haben die Kinder uns noch enger verbunden und zusammengeschweisst.
Er: Ja, extrem. Und die Zeit zu zweit kommt Schritt für Schritt zurück. Alle drei sind inzwischen täglich in der Schule oder im Kindergarten. Und plötzlich haben wir wieder etwas mehr Zeit für uns als Paar. Wenn man das eine Weile nicht hatte, schätzt man es umso mehr.
Sie: Wir machen Musik, gehen spazieren oder setzen uns einfach hin und geniessen die Ruhe.
Er: Wir lieben es auch, gemeinsam zu arbeiten. Ich bin selbständiger Gärtner, und Michelle hilft mir ab und zu. Wir haben einen grossen Garten mit Obstbäumen. Besonders viele Birnen, aus denen wir Süssmost machen und auf dem Markt verkaufen. Auch sonst gibt es immer etwas zu tun: Holz hacken zum Einfeuern, oder sich um unsere mittlerweile zwölf Schafe kümmern: ausmisten, heuen und sie auf die Alp nach Seewis begleiten. Etwas gemeinsam zu machen – ob zu zweit oder mit den Kindern – verbindet einfach.
Was liebt ihr aneinander am meisten?
Sie: Klar leidet die Beziehung manchmal, wenn mit den Kindern, dem Familienalltag oder den immer wieder zu überdenkenden Finanzen alles drunter und drüber geht.
Er: Ich habe versucht, ihr bestimmte Arbeiten abzunehmen. Wenn innerhalb der Familie etwas ist, zieht das einen oft selbst mit runter. Das lässt sich nicht immer vermeiden.
Sie: Zum Glück haben wir immer wieder zueinander gefunden. Und dann war es jedes Mal umso schöner.
Wie zeigt ihr einander eure Liebe?
Er: Wenn sie auf etwas beharrt, obwohl ich anderer Meinung bin, lasse ich es manchmal einfach.
Sie: Meistens habe ich dann auch recht!
(beide lachen)
Er: Manchmal nerven mich so kleine Sachen. Zum Beispiel, wenn sie nicht vorwärts kommt und ich loswill, weil wir etwas vorhaben.
Sie: Ja, in diesen Momenten ärgere ich mich manchmal auch über dich, wenn du mich dann stresst, obwohl mit den Kindern und allem noch viel zu erledigen ist.
Er: Wir lassen das Thema dann meistens ruhen und akzeptieren, dass wir es nicht immer gleich sehen.
Sie: Aber weil wir uns sowieso so ähnlich sind, müssen wir auch keine grossen Themen aneinander akzeptieren.
Er: Das ist ein echter Glücksfall, dass wir uns so ähnlich sind. Wir können genau so sein, wie wir sind, und verstehen uns trotzdem. Wir sind beide in einem kleinen Dorf aufgewachsen, eher in einfachen Verhältnissen, und sogar im selben Jahr geboren. Wir haben also ähnliche Voraussetzungen und teilen dieselben Vorstellungen von diesem einfachen, freien und selbstbestimmten Leben mit viel Musik und der Verbindung zur Natur.
Er: Sie ist immer stärker geworden und zum Glück nie selbstverständlich oder langweilig. Je mehr wir gemeinsam erleben, desto stärker unsere Verbindung und grösser die Liebe. Auch das gemeinsame Musizieren als Familie stärkt uns.
Sie: Ja. Auch diesen Sommer waren wir wieder mehrere Wochen zu fünft mit unserem Bus unterwegs und haben zusammen Musik gemacht. Damit haben wir zu dem angesparten Geld gemeinsam noch mehr Feriengeld zusammenbekommen. Und wir schaffen das zusammen, auch wenn es einmal streng ist.
Er: Gemeinsam etwas zu schaffen, an etwas zu arbeiten und etwas zu erreichen, das hat für mich viel mit Liebe zu tun.
Sie: Ja, zum Beispiel wenn er ein neues Lied geschrieben hat. Oder wir sagen uns einfach, dass wir uns gefallen.
Er: Ja, das sage ich ihr gerne. Ich bin wirklich stolz, so eine hübsche Frau an meiner Seite zu haben.
(sie schauen sich verliebt in die Augen)
Sie: Früher hast du mir oft Blumen gekauft, bis ich dir gesagt habe, dass ich das gar nicht so mag. Lieber Topfpflanzen, ein Apfelbäumchen oder etwas Nachhaltiges.
Er: Und sie überrascht mich eher mit praktischen Dingen, wie neuen Socken oder so. Aber für mich zählen die kleinen Dinge. Wenn einer von uns beiden das Bett macht oder der andere etwas kocht.
Sie: Er ist für mich der tollste Mann auf der Welt. Ich liebe dieses Wilde und Natürliche an ihm und unseren gemeinsamen Lebensstil, unser unkompliziertes Denken. Auch dieses Freiheitsgefühl, das wir beide so sehr lieben und miteinander leben können.
Er: Ja, bei uns war der Grundgedanke, wie wir unser Leben gestalten wollen, immer derselbe. Und ich verliebe mich immer wieder aufs Neue in Michelle.