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Jahresrückblick GR 2017 Juli

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Dank der Stimmen aus dem Innern des Museums liess sich nun erahnen, wo es zu Reibungen zwischen dem ehemaligen Museumsdirektor Stephan Kunz und den Mitarbeitern gekommen sein musste. Regierungsrat Martin Jäger hatte am 14. Juni bekannt gegeben, dass Kunz aufgrund von Führungsschwächen zum Hauptkurator zurückgestuft worden sei. Nicole Seeberger sollte interimistisch die Leitung des Museums übernehmen. Nach heftigen Protesten aus der Kulturszene krebste Jäger zurück: Der ursprüngliche Entscheid wurde sistiert. Mediator Hans Hatz sollte in der Folge mit allen Parteien sprechen und die Lage neu beurteilen.

Mit etwas Distanz zu den sich überschlagenden Ereignissen der letzten Wochen erklärten sich mehrere ehemalige Mitarbeiter des Bündner Kunstmuseums bereit, der «Südostschweiz am Wochenende» anonym von ihren Erlebnissen zu berichten. Dabei entstand das Bild eines Museums, in dem die Mitarbeiter unter grossem Druck standen. Ob der Druck von Kunz selbst oder indirekt, vom Amt für Kultur, aufgebaut worden war, darüber gingen die Meinungen auseinander. Enttäuscht äusserte sich ein Teil der Betroffenen insbesondere über Kunz’ Informationspolitik. Sie beanstandeten, dass das Personal vor dem Bau des neuen Erweiterungsbaus nicht über die bevorstehende Schliessung des Museums im Jahr 2013 in Kenntnis gesetzt worden sei. Dies habe man aus der Zeitung erfahren müssen. «Es gab viele, die nicht wussten, wie sie finanziell über die Runden kommen werden.» Auch zu internen Terminen, die man vereinbart habe, sei Kunz bisweilen nicht aufgetaucht. «Man hatte das Gefühl, das Team stehe an letzter Stelle», resümierte eine Beteiligte.
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«Hinter de sibe Bärgli / mobbt ds Schneewittli / irri sibe Zwergli / und packt si am Schlawittli / Metzger Peter wetz mer Metzgermässer no kli besser.

Hinter de siebe Bärgli / knallt en blinde Jäger / Zwergli ab wie Hase / und verscharrt sie duss’ im Rase / Das war bei Hubertus ein kräftiger Blattschuss.»

Der Protest gegen die Absetzung von Stephan Kunz als Direktor des Bündner Kunstmuseums riss nicht ab. Linard Bardill veröffentlichte einen Song mit dem Titel «Omertà Grischuna».

Mit Spitzen gegen Barbara Gabrielli, Leiterin des Amts für Kultur, Peter Hinnen, ehemaliger Supervisor in der Causa Stephan Kunz, und Martin Jäger, Regierungsrat und Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umwelt-schutzdepartements, beginnt der Scharanser Liedermacher Linard Bardill seinen Protestsong «Omertà Grischuna». Das auf dem Onlineportal Youtube hochgeladene Video zum Lied wurde am ersten Tag rund 350 Mal angeschaut. Auf der Facebook-Seite Bardills lief das Musikvideo über 1500 Mal.

Auch Hans Hartmann, in den Jahren von 1970 bis 1981 Direktor des Bündner Kunstmuseums, meldete sich in der Causa Kunz zu Wort. In einem Mail an die «Südostschweiz» schrieb er unter anderem: «Durch die Schaffung eines übergeordneten Kulturamtes zu einer sogenannten einheitlichen Betreuung aller divergierenden Kulturabteilungen erfolgte eine fatale Degradierung der fachlich allein kompetenten Institutsleiter, die offenbar reihenweise von einer überforderten Amtschefin richtiggehend weggemobbt oder gar zur Entlassung vorgeschlagen wurden.»
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So hatte man sich die neutrale Vermittlung in Sachen Kunstmuseum nicht vorgestellt. Die Unterstützer von Stephan Kunz als Direktor fühlten sich in die Defensive gedrängt. Der Kunstverein wählte einen anderen Weg.

Es war eine Operation am offenen Herzen, die im Bündner Kunstmuseum durchgeführt wurde. Die von Departementschef Martin Jäger veranlasste Mediation mit dem Ziel, im Konflikt um die Führung der zentralen Bündner Kulturinstitution eine Lösung zu finden, war seit gut einer Woche im Gange.

Inzwischen hatten diese als Konsultativgespräche bezeichneten Treffen stattgefunden. Doch sie verliefen offenbar ganz anders als erwartet. Recherchen der «Südostschweiz» liessen darauf schliessen, dass man von einer vertrauensvollen Atmosphäre und Verständigung weit entfernt war.

Wer angehört werden sollte, war von Jäger festgelegt worden: Vertreter des Kunstvereins, der Stiftung Bündner Kunstsammlung, des Künstlerverbandes Visarte und des Aktionskomitees BKM, welches unter anderem die Demonstration für den abgesetzten Museumsdirektor Stephan Kunz durchgeführt hatte. Als es konkret wurde und bei diesen Gruppen die Einladung eintraf, gab es den ersten Dämpfer. Man würde nicht einem einzelnen Mediator gegenübersitzen, sondern der geballten Amtsmacht der Kulturbehörde. Wie Visarte und das Aktionskomitee bestätigen, sah man sich nicht nur mit Hatz konfrontiert, sondern auch mit Jäger selbst sowie mit der von vielen als eigentliche Strippenzieherin in dem Konflikt verdächtigten Leiterin des Amtes für Kultur, Barbara Gabrielli, sowie der für die Kommunikation zuständigen Departementssekretärin Andrea Stadler.

Der Liedermacher Linard Bardill, der wichtigste Akteur des Aktionskomitees BKM, deutete danach an, wie die Begegnung am Montag abgelaufen war. So habe einzig Jäger geredet; die anderen inklusive Hatz seien passiv geblieben. Der Regierungsrat habe ausführlich seinen bekannten Standpunkt dargelegt. Allerdings habe er eingestanden, schlecht beraten gewesen zu sein.

Bardill bezeichnete das Gespräch als fair, sprach aber auch von emotionalen Momenten auf seiner Seite. Dies sei von den Amtsträgern eher ungerührt aufgenommen worden.

Auf die sogenannten Konsultationsgespräche nicht einlassen wollte sich der Bündner Kunstverein. Man habe die Einladung zwar auch bekommen, habe aber im Vorstand beschlossen, eine andere Strategie zu verfolgen, sagte Vizepräsidentin Alda Conrad. Der Grund für diese Absage war, dass sich der Kunstverein in dem Prozess ganz und gar nicht als externe Anspruchsgruppe sah. Der Kunstverein sei ein vertraglich verpflichteter Hauptakteur beim Kunstmuseum. Man habe sich stattdessen schriftlich beim Departementschef gemeldet und die längst überfälligen Erklärungen nochmals mit Nachdruck gefordert.
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Fürsorgerische Zwangsmassnahmen sind das dunkelste Kapitel der jüngeren Bündner Geschichte. Philipp Gurt ist einer der Betroffenen. Was er sich von der Regierung wünschte, war naheliegend – eigentlich.
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Die Geschichte von Philipp Gurt geht so: Die Mutter verlässt Mann und acht Kinder. Sie hat einen neuen Partner. Die Vormundschaftsbehörde Schanfigg übernimmt das Zepter und verstreut die Geschwister in alle Himmelsrichtungen. Zurück bleibt ein Vater, der irgendwann am Unglück zerbricht. Das zweitjüngste Kind muss mit vier Jahren, neun Monaten und zwei Tagen ins Churer Kinderheim St. Josef. Spätere Stationen: Waisenhaus, Jugendheim, Gefängnis, Psychiatrie ... immer begleitet von Missbrauch. Psychisch und physisch, grenzenlos.

Das ist, wie schon erwähnt, die Geschichte des Autors Philipp Gurt. Geboren in Sax, dem Vagantenvorort von Maladers. Mittlerweile 49 Jahre alt. In seinem Buch «Schattenkind – wie ich als Kind überlebte» schreibt er:

«Am Montag, dem 11. September 1972, wurde ich in das erste Kinderheim gebracht. Diesen Tag vergesse ich nie, solange mein Herz und mein Hirn funktionieren. Er war die logische Konsequenz einer unheilvollen Chronologie verketteter Ereignisse – absehbar und scheinbar auch nicht abwendbar.»
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Gurts Autobiografie war im Sommer das meistverkaufte Sachbuch der Schweiz. Und er sagte damals: «Es ist eine Stimme für mich, aber auch für alle jene, die unter den Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen (FSZM) gelitten haben, sich aber aus verschiedenen Gründen nicht äussern können oder wollen.»

Gurts Buch war deshalb nur die eine Seite der Medaille, er wollte mehr. «Der Kanton soll anerkennen, dass er damals bezüglich der Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen eine Vorreiterrolle hatte.» Vielleicht könnte man an einem schönen Ort in Chur einen Baum zum Gedenken an die vielen Opfer pflanzen. «Das würde ich wunderbar finden», sagte Gurt. «Der Baum ist selbstverständlich nicht für mich, er soll ein Zeichen für alle sein, die unter diesen Massnahmen gelitten haben.»

Gurt ist kein Mann der leisen Worte. Und keiner der leeren. Wenn er eine Idee hat, verfolgt er sie. Und deshalb griff er zum Telefon und erkundigte sich bei SP-Regierungsrat Martin Jäger betreffend offizieller Anerkennung für die Betroffenen.
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Aber Regierungsrat Jäger reagierte auf Gurts Anfrage ablehnend. Dabei war er derjenige, der im Namen der Regierung die Studie zu den Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in Graubünden in Auftrag gegeben hatte. «Diese Studie zeigt, dass Graubünden eine Vorreiterrolle hatte, wenn es darum ging, das ‘Gesindel’ zu entsorgen», erklärte Gurt. Vielen Leuten sei schlicht das demokratische Recht auf Selbstbestimmung entzogen worden. «Graubünden hat diese Menschen auf die Stufe eines Tieres gestellt.»

Zudem habe man mit dem Bau der «Korrektionsanstalt Realta» Mitte des 19. Jahrhunderts eine der ersten derartigen Anstalten in der Schweiz errichtet, so Gurt. «Graubünden hatte somit einen Ort, an dem man auch Gesindel aus anderen Kantonen entsorgen konnte.»

«Wäre es nach den Behörden von damals gegangenen, gäbe es überhaupt keine Familie Gurt-Mehli. Aufgrund der Erbanlagen meiner Eltern, sprich des Stammbaumes, wollten sie keine Genträger von ihnen in dieser Welt haben. Deshalb drängten die Behörden im November 1955 meinen damals 25-jährigen Papa zur Sterilisation.»

Für Gurt wäre eine solche Anerkennung nicht mehr als recht. «Ich liebe Graubünden, mit der Anerkennung unseres Leids könnte der Kanton dieses düstere Kapitel zu einem guten Ende führen.»

Doch Gurt hatte die Rechnung ohne Jäger gemacht. Denn dieser wollte nicht. Gurt dazu: Das komme niemals infrage, habe ihm Jäger am Telefon gesagt. Eine Entschuldigung seitens des Kantons lehne er kategorisch ab. Bundesrätin Simonetta Sommaruga habe sich im Beisein sämtlicher Sozialdirektoren vor vier Jahren für die offizielle Schweiz entschuldigt, Graubünden müsse dies nicht auch noch tun, zitierte Gurt aus seinem Gespräch mit Jäger.

Gurt sprach zwar nie von einer Entschuldigung, aber Jägers Worte trafen ihn. Insbesondere, weil ihn Institutionen wie die Psychiatrischen Dienste Graubünden bei der Aufarbeitung sehr aktiv und wohlwollend unterstützt hatten. «Ich glaube, Jäger hat nicht verstanden, was ein Opfer ist», so Gurt. «Ihm fehlt sowohl Fingerspitzengefühl wie Empathie.»  
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SP-Regierungsrat Martin Jäger stellte in der Folge klar, dass er für Philipp Gurts Wunsch nach einer Anerkennung für die Opfer der Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen nicht zuständig sei. Zwar habe Gurt ihn angerufen und diesen Wunsch geäussert. Aber schon damals habe er deutlich gemacht, dass sein Departement weder für eine Anerkennung noch für eine Entschuldigung zuständig sei. «Ich habe ihn an das Departement für Volkswirtschaft und Soziales von Regierungsrat Jon Domenic Parolini verwiesen», sagte Jäger. Er gehe davon aus, dass ihn Gurt falsch verstanden habe, was die Entschuldigung betreffe. Er habe ihm nur erklärt, wie das Parolinis Vorgänger Hansjörg Trachsel gehandhabt habe.
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Erst waren es nur Beobachtungen von Privatpersonen. Doch dann tappte der diesjährige Wurf des Wolfsrudels am Calanda auch in die Fotofalle – mit acht Jungtieren. Dies gab die Bündner Standeskanzlei in einer Medienmitteilung bekannt. Somit hat sich das Wolfsrudel bereits zum sechsten Mal fortgepflanzt. Doch so gross wie dieses Jahr war der Wurf noch nie, wie der Vorsteher des Amts für Jagd und Fischerei, Georg Brosi, bestätigte.

Von den Jungtieren gehe keine Gefahr aus, meinte Brosi. «Wenn jemand den jungen Wölfen begegnet, soll er oder sie am besten ein Foto oder ein Video von den Welpen machen und es uns einsenden. So hätten wir eine weitere Beobachtung der Tiere zur Hand», schlug Brosi vor.

Zwar habe es die eine oder andere Begegnung mit den Wölfen gegeben, und diese seien unter anderem auch nahe zu Siedlungen vorgedrungen. Einen aggressiven Angriff seitens der Calandawölfe hat es laut Brosi aber nicht gegeben. Der Vorsteher des Amts für Jagd und Fischerei ging deshalb davon aus, dass das auch weiterhin so bleibe.

Laut Brosi lebten zu diesem Zeitpunkt mindestens elf Tiere im Calandarudel. Mehr Wölfe vertrage es am Calanda allerdings nicht mehr. «Das Rudel duldet die älter werdenden Jungtiere nicht in seiner Nähe. Deshalb wandern die ausgewachsenen Wölfe jeweils ab. So bleibt die Grösse des Wolfsrudels immer konstant», erklärte Brosi. Aus diesem Grund sei nicht davon auszugehen, dass irgendwann zu viele Wölfe am Calanda leben würden. Nur eines sei denkbar: «Es könnte passieren, dass künftig eines dieser Jungtiere im Calandarudel die Position als Alphatier übernimmt.»
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Auch in Graubünden war wegen des Mannes ermittelt worden, der in Schaffhausen zwei Personen mit einer Motorsäge verletzt hatte. Inzwischen war der Täter gefasst. Viele Fragen blieben offen.

In die Ermittlungen war auch die Kantonspolizei Graubünden eingebunden, wie Mediensprecher Markus Walser bestätigte. Dies sei bei kantonsübergreifenden Ermittlungen in der Schweiz so üblich. Weiter wollte sich Walser nicht äussern; er verwies auf die Informationshoheit der Schaffhauser Behörden. Weitere Informationen über den Fall und den Täter, einen 51-jährigen Mann, wurden in Aussicht gestellt.

Die Bündner Spuren

Tatsächlich führte ein Teil der Spuren des Täters nach Graubünden. Rund drei Monaten zuvor soll er sich in einem Backpacker-Hotel in Laax niedergelassen haben. Geplant habe er einen Aufenthalt von einem Monat, liess ein Mitarbeiter des Hotels die Medien wissen. Allerdings sei der 51-Jährige bereits am nächsten Tag abgereist – ohne die Übernachtung zu bezahlen.

Laut mehreren Medienberichten war der Täter ausserdem in Graubünden offiziell gemeldet. Dafür, dass sich der Täter zumindest zeitweise in Graubünden aufgehalten hatte, sprach auch die Tatsache, dass sein weisser Lieferwagen mit Bündner Kontrollschildern versehen war.
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Für den Gesetzgeber war der Fall klar. «Wer in der Schweiz wohnt, hat seine Meldepflicht zu erfüllen», sagte Heinz Gallus, Leiter der Einwohnerdienste der Stadt Chur. Das gelte auch umgekehrt: Wer umziehe, müsse  sich in der bisherigen Wohngemeinde ab- und am neuen Wohnort anmelden. Dass Personen diese Pflicht nicht erfüllten, komme vor. «Das sind aber Einzelfälle», sagte Gallus.

Es wird nachgeforscht

Der 51-Jährige, der in Schaffhausen mehrere Personen mit einer Motorsäge verletzt hatte, soll einer dieser Einzelfälle gewesen sein. Als er seinen Wohnort in Beromünster verliess, soll er seinen Hausrat zurückgelassen haben. Zuletzt war er angeblich in Graubünden angemeldet; gewohnt hatte er die letzten Monate aber offenbar in zwei Waldstücken in Zürcher Gemeinden an der Grenze zum Kanton Schaffhausen. «Die Einwohnerkontrolle bekommt heute meistens ziemlich rasch mit, wenn jemand seinen Wohnsitz verlassen hat», sagte Gallus. «Wenn mehrmals amtliche Post, Rechnungen oder später Betreibungen nicht zustellbar sind, werden wir irgendwann verständigt.»

Auf den Einwohnerdiensten der Stadt Chur beschäftigt sich eine Person unter anderem damit, den Verbleib vermeintlich Verschwundener abzuklären. Die Suche nach Personen, die ohne Abmeldungen weggezogen sind, gestaltet sich laut Gallus in der Regel schwierig. «Das ist sehr detailbelastet und mit vielen Abklärungen und viel Kleinarbeit verbunden.» Werde man trotz des ganzen Aufwands nicht fündig, dann komme es in Einzelfällen zum letzten möglichen Mittel. «Wir können jemanden auch von Amtes wegen nach unbekannt abmelden», sagte Gallus.

Von Autos und Steuern

Der umgekehrte Fall, dass eine Person also in der Stadt wohnt, hier aber nicht angemeldet ist, kommt in Chur praktisch nicht vor. «Bei uns müssen die Vermieter ihre neuen Mieter an die Gemeinde melden», erklärte Gallus. Im Fall des Schaffhauser Täters wollte dagegen offenbar die Polizei wissen, mit wem man es zu tun habe. Sie soll bei seinem Lager im Wald vorbeigegangen sein und eine Visitenkarte hinterlassen haben; der 51-Jährige sollte sich bei den Polizisten melden. Bei dieser Gelegenheit notierten sich die Ordnungshüter im Zürcher Weinland offenbar auch die Autonummer des späteren Täters. Wie in der schliesslich ausgelösten Öffentlichkeitsfahndung bekannt wurde, war der fragliche Lieferwagen in Graubünden registriert.

Für Autokennzeichen gilt das Gleiche wie für die Anmeldung auf der Gemeinde. «Wer umzieht, muss sein Fahrzeug im neuen Wohnkanton anmelden», erklärte Richard Peretti, stellvertretender Leiter des Bündner Strassenverkehrsamts. Eine Auto- oder Töffnummer erhält übrigens nur, wer bei der Einlösung einen Versicherungsnachweis vorlegt. «Ist das Auto nicht mehr versichert, meldet das die Versicherung ans Strassenverkehrsamt, und wir ziehen die Kontrollschilder ein.»

Menschen, die mit unbekanntem Ziel einfach verschwinden, sind für die Bündner Steuerverwaltung «kein wirkliches Problem», wie der stellvertretende Amtsleiter Toni Hess erklärte. Dass steuerpflichtige Personen auch nach umfangreichen Abklärungen nicht mehr auffindbar seien, komme relativ selten vor. «In solchen Fällen werden die fraglichen Steuerbeträge abgeschrieben.»
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Es sollte ein Befreiungsschlag sein. Der Ausweg aus einem Dilemma, in das sich der Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements allerdings selbst hineinmanövriert hatte. Martin Jäger lud mitten in der Sommerpause der Bündner Regierung zu einer Medienkonferenz, um seine Lösung für die Leitung des Bündner Kunstmuseums zu präsentieren. Was er darlegte, war ein klassischer Kompromiss, mit dem er alle das Gesicht wahren lassen wollte.

Das Kunstmuseum hatte somit nach kopflosen sechs Wochen  wieder eine Führung. Es ist allerdings eine Co-Direktion, besetzt mit dem langjährigen Direktor Stephan Kunz und neu gleichberechtigt an seiner Seite Nicole Seeberger. Die früher in einer untergeordneten Position im Museum als Registrarin tätige Kunsthistorikerin war Mitte Juni für weniger als eine Woche schon einmal Direktorin gewesen. Damals hatte sie Jäger kurzerhand an die Stelle von Kunz gesetzt, weil er damit «interne Organisationsdefizite» beheben wollte, wie er dies nannte.

Doppelspitze

Der inzwischen als «neue Bündner Wirren» in die Kantonsgeschichte eingegangene Aufruhr in der Öffentlichkeit hatte aber dazu geführt, dass Jäger diese Entscheidung bereits am 20. Juni wieder zurückgenommen und sich auf die Suche nach einer besseren Lösung gemacht hatte. Unterstützung in diesem Prozess holte er sich bei Hans Hatz. Zusammen mit dem ehemaligen Präsidenten der Kantonalbank kam man nun offenbar auf die Idee mit der Doppelspitze.

Die Wortwahl im offiziellen Statement des Departements ist allerdings bemerkenswert: «Stephan Kunz wird wieder als Direktor des Bündner Kunstmuseums eingesetzt. Nicole Seeberger wird neu Co-Direktorin.» Also doch kein Team auf Augenhöhe? Dieser Eindruck wurde von Jäger und Hatz wortreich bestritten. Man sei zum Ergebnis gekommen, dass die beiden Persönlichkeiten sich die komplexe Führungsaufgabe sehr gut teilen könnten und auch signalisiert hätten, dies in Harmonie zu bewerkstelligen.

Aus dem vorgelegten Organigramm ist ersichtlich, dass man nicht nur die Führung auf zwei Schultern legt, sondern quasi das ganze Museum zweiteilt. Kunz ist demnach künftig für alles zuständig, was die Kunst betrifft, also für Ausstellungen, für die Sammlung und deren Vermittlung.

Seeberger auf der anderen Seite ist für alle administrativen Belange zuständig, für das gesamte Personal, Technik, Dokumentation und die Kommunikation nach aussen. Zwischen den Zeilen wurde klar, dass sie vor allem dem Kontrollbedarf des Amtes für Kultur Rechnung zu tragen hat. Wie dessen Leiterin Barbara Gabrielli bestätigte, waren es von ihr festgestellte Defizite genau in diesem Bereich, die zu der ersten Reorganisation geführt hatten.
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Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Man muss die banale Redewendung einmal wieder zitieren, wenn man betrachtet, wie Regierungsrat Martin Jäger das grösste Desaster seiner Amtszeit in einen Erfolg verwandeln will. Der Bündner Kulturminister sah sich von allen Seiten in die Enge getrieben, nachdem er – wie man heute weiss – voreilig den Entscheid gefällt hatte, den Direktor des Kunstmuseums abzusetzen.

Seine Amtsleiterin forderte administrative Disziplin, die Öffentlichkeit wollte den gefeierten Kunstkenner Stephan Kunz zurück auf dem Posten, die neue Direktorin Nicole Seeberger beharrte auf dem Karrieresprung und Jägers Partei wollte sich die Chancen auf den Erhalt des Departements nicht verderben. So wartet Jäger nun mit einer Idee auf, die alle auf einmal zufriedenstellen soll: Kunz und Seeberger werden beide Direktor.

Eine Doppelspitze mag anderswo funktionieren. Aber im von Jäger genannten Beispiel des Basler Kunstmuseums gab es nicht diese Vorgeschichte. Man spürt, dass es für keinen der beiden die Wunschlösung ist. Die Aufgabenteilung ist zwar in umfangreichen Grundsatzpapieren und Organigrammen minutiös aufgegliedert. Doch das Wichtigste blieb offen, nämlich wer bei Uneinigkeit das letzte Wort hat.

Eines kann man Jäger nach dem Auftritt vom Donnerstag allerdings nicht mehr vorwerfen: Dass er beratungsresistent wäre. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er seine ursprüngliche Fehleinschätzung eingesteht und auch die Wirkung der öffentlichen Kritik auf sich nicht leugnet. Allerdings frappiert es schon, wenn er jetzt erst zu der Erkenntnis kommt, dass mit einer Kulturinstitution dieser Bedeutung sorgsamer umgegangen werden muss als mit einer anderen Dienststelle.

Der Ende Legislatur ohnehin ausscheidende Departementschef hat versucht zu retten, was zu retten ist. Um den Ruf des Kunstmuseums muss man nicht fürchten. Die gewaltige öffentliche Anteilnahme an der Causa Kunz spricht für sich. Sorgen machen muss man sich, ob Jäger nicht Ruhe wollte und den Keim zu neuen Konflikten gelegt hat. Mit zwei Direktoren, die sich im Kleinkrieg aufreiben, ist niemandem gedient.
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Heftige Regenfälle haben in Graubünden zu verschütteten Strassen geführt. Stark betroffen war die Val S-charl. Schäden gab es auch am Flüela- und am Ofenpass sowie im Bergell und im Domleschg.


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Bei der Kantonspolizei Graubünden geht eine Meldung über einen Rüfenniedergang auf der Flüelapassstrasse oberhalb von Susch ein. Die Strasse liegt auf einer Länge von rund 50 Metern unter drei Meter Schutt begraben. Weiter wird eine Verkehrsteilnehmerin von einem herunterfallenden Stein an der Schulter getroffen und muss mit leichten Verletzungen ins Spital Davos gebracht werden.
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Meldung über mehrere Rüfenniedergänge in der Val S-charl, welche die Strasse an mehreren Orten verschütteten: 15 Personen befinden sich in ihren Fahrzeugen und kommen nicht weiter. Für die Evakuation wird ein Rega-Helikopter aufgeboten. Im Laufe der Nacht können 13 Personen - darunter zwei Kinder - an einem Seil hängend aus der Val S-charl geflogen werden. Zwei weitere Personen müssen die Nacht im Fahrzeug in einer Galerie verbringen. Verletzt wird glücklicherweise niemand. Im Einsatz stehen neben der Rega auch die Feuerwehr, die Alpine Rettung, der Gemeindeführungsstab sowie die Kantonspolizei Graubünden. Die Val S-charl sowie weitere Gemeindestrassen und Wanderwege im Gebiet Scuol bleiben bis auf Weiteres gesperrt.
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Eine Frau meldet den Niedergang eines grossen Felssturzes zwischen Almens und Scharans. Der Forstdienst geht davon aus, dass sich rund zehn- bis fünfzehntausend Kubikmeter gelöst haben. Daraus resultiert eine grosse Staubentwicklung. Verletzte müssen keine vermeldet werden. Alle Wege in der Umgebung werden aus Sicherheitsgründen gesperrt. Im Einsatz stehen die Feuerwehr Ausserdomleschg und Scharans sowie der Forstdienst und die Kantonspolizei Graubünden.
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Meldung über Rüfenniedergang in Stampa. Die Hauptstrasse im Bereich La Palü wird auf einer Länge von über 100 Metern mit Schlamm verschüttet. Ein parkiertes Auto wird durch die Schlammmassen leicht beschädigt. Verletzt wird niemand. Die Strasse bleibt bis Sonntagvormittag blockiert, der Verkehr wird umgeleitet. Im Einsatz stehen die Feuerwehr Bergell, die Gemeindeverantwortlichen sowie das kantonale Tiefbauamt und die Kantonspolizei Graubünden.
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Im Gebiet zwischen Ova Spin und La Drossa gehen weitere Rüfen nieder. Die Strasse wird an mehreren Orten verschüttet und blockiert. Beim Ofenpass Parkplatz 1 erreichen die Schlammmassen ein parkiertes Fahrzeug. Die Ofenpassstrasse ist bis 1.30 Uhr nachts gesperrt.
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